Hallo Wolfgang,
Wolfgang Romey <w...@wolfgangromey.de> writes: > Wie steht Ihr dazu, Freie Software unter einem unfreien Betriebssystem > zu betreiben? Da gibt es verschiedene Aspekte. Das eine ist die Frage, ob ich frei bin in dem Sinn, dass ich meinen Computer kontrollieren kann oder das zumindest mit der Hilfe anderer tun kann. Diese Frage kann erst mit ja beantwortet werden, wenn wirklich alle Software frei ist, inklusive Firmware. Allerdings müssen wir hier alle Kompromisse eingehen, wenn wir uns Computern nicht komplett verschließen wollen. Die meisten Computer verwenden unfreien Boot-Code (BIOS/UEFI) und selbst Computer, die mit Libreboot laufen wie der von Richard Stallman, ist darauf noch eine ganze Menge unfreier Firmware, die man aktuell nicht ersetzen kann. Beispielsweise hat die Festplatte unfreie Firmware, die auch aktualisiert werden kann (es ist also nicht reine Hardware) und die auch direkten Speicherzugriff (DMA) hat. Damit bin ich wieder per Software manipulierbar. Das soll jetzt nicht heißen, dass ohnehin alles verloren ist oder wir diese Kompromisse gutheißen sollen, sondern ich möchte nur den aktuellen Stand beschreiben. Wenn sich Alternativen auftun, sollten wir auf diese setzen, damit sie weiterentwickelt werden, selbst wenn das heißt, dass wir dadurch nicht den schnellsten, neusten, schönsten Computer haben können. Und wir sollten nach Möglichkeit selbst solche Alternativen entwickeln, z.B. durch Reverse-Engineering. Und wenn man diesen Gedankengang weitergeht, kommt man bei Hardware an. Denn warum sollte ich mich von unfreier Firmware kontrollieren lassen, wenn sie fest in Hardware gegossen ist. Ich stimme mit Richard Stallman und der FSF überein, dass diese Frage sich aktuell nicht stellt, weil wir keine Möglichkeit haben unsere eigene Hardware herzustellen. D.h. es ist zwar ein Problem, aber es ist uns technisch unmöglich dieses Problem aktuell zu beheben (im Gegensatz zu der Firmware-Situation einen Absatz weiter oben). Wenn wir irgendwann kompaktere Maschinen zur Chipherstellung haben sollten, wird diese Frage praxisrelevanter und bis dahin ist es wichtig, zumindest freie Designs zu entwickeln. Aber auch jetzt ist die Frage schon wichtig, weil sie einen Kontrollverlust aufzeigt, den wir ja gerade vermeiden möchten. Vielleicht entgehe ich auf meinem Libreboot-Gerät den schlimmsten Problemen (Intel ME & Co), aber was nützt mir das, wenn die Festplatten-Firmware manipuliert ist? Richard Stallman hat auf eine Frage, die ich ihm dazu gestellt habe, mal gesagt, dass wir zwischen Freiheit und Sicherheit unterscheiden müssen und ich denke das stimmt hier, weil uns die physische Welt daran hindert, Hardware zu verändern, die uns ausspioniert, d.h. es wäre vergleichbar damit sich über die Schwerkraft aufzuregen, aber wir sind physisch und mental dazu in der Lage, Software zu verändern, uns wird also Freiheit genommen, wenn uns dieses Verändern untersagt wird. Unabhängig von diesem absoluten Ansatz, steigt aber niemand in das Thema Freie Software ein und weiß sofort alles, hat alles durchdacht und stellt alles um. Das ist immer ein gradueller Prozess und dafür finde ich es großartig, wenn es viele Möglichkeiten gibt, die Freiheit auszuprobieren. Freie Software auf unfreien Betriebssystemen ist dabei eine Möglichkeit, genauso wie unfreie Software auf freien Betriebssystemen[0]. Wichtig ist dabei, dass wir die Leute an dieser Stelle abholen und ihnen zeigen, warum diese Mischung nur ein Teilschritt ist und warum die Freiheit wichtig ist. Das ist unsere Aufgabe bei Straßenständen, auf Treffen, Konferenzen, in Gesprächen mit Kollegen usw.. Happy hacking! Florian [0] https://www.gnu.org/philosophy/nonfree-games.html _______________________________________________ FSFE-de mailing list FSFE-de@lists.fsfe.org https://lists.fsfe.org/mailman/listinfo/fsfe-de