Hallo Roland, ich bin nicht ganz sicher, was deine Frage mit der Lizenzierung von Büchern zu tun hat – ich vermute, du hast auf Michaels Mail geantwortet und dann nur den Betreff geändert. Falls das so ist, bitte nicht machen, sondern für neue Themen neue Mails schreiben. Falls ich mich irre, wäre es nett, wenn du den Zusammenhang noch erklären könntest.
On Wed, Apr 03, 2024 at 11:36:39AM +0200, Roland Miyamoto wrote: > gegenwärtig sehe ich mich mit einem Problem konfrontiert, > das nach meiner Einschätzung eigentlich sehr viele Elternteile haben müssten. > Andererseits fühle ich mich damit völlig allein: > > An der Schule meiner Kinder wird erwartet / wurde beschlossen, > dass jedes Kind ab Klasse 8 ein eigenes Apple IPad besitzt und damit arbeitet, > und zwar sowohl in der Schule als auch zu Hause. > Der Unterricht einschließlich Hausaufgaben wird darauf ausgerichtet. Damit bist du absolut nicht alleine. Die Verteilung von iPads sowie die Einflußnahme auf die Bildung durch so genannte "Apple Teacher", die von Apple gezielt eingesetzt werden, um die Ausrichtung des gesamten Unterrichts auf Apple-Geräte auszurichten, ist überwätigend. > > Nun möchte unsere Familie diesen Trend aus > (in dieser Runde vielleicht ohne Erklärung) > verständlichen Gründen nicht mitmachen. Das ist erfreulich! Wichtig fände ich übrigens, dass die Meinung eurer Kinder dabei auch eine Rolle spielt. Insbesondere dann, wenn sie mit ihren Daten und ähnlichem *strikter* umgehen wollen als ihr Eltern ;). > Daheim arbeiten wir komplett mit Debian Linux auf Lap- und Desktops. > Proprietäre Geräte wie Smartphones etc. dürfen unsere Wohnung nicht > "betreten". OK, das klingt für mich etwas sehr paranoid, oder, sagen wir besser, realitätsfern. Heißt das, dass eure Kinder keine Freunde mit proprietären Geräten haben dürfen? Ich hoffe doch sehr, dass das ein Missverständnis ist… > • Welche Möglichkeiten haben wir, für uns und unsere Kinder unsere digitale > Souveränität zu bewahren? Das ist eine sehr schwierige Frage – insbesondere, wenn euch daran gelegen ist, neben der Wahrung der digitalen Mündigkeit (nicht Souveränität, das ist etwas ähnliches auf politischer Ebene) auch das Recht eurer Kinder auf einer freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu wahren. > • Haben unsere Kinder ein Recht auf Unterricht unabhängig von > vorgeschriebenen Geräten? > > • Kann die (in diesem Fall evangelische) Schule unseren Schulvertrag > kündigen, wenn wir nicht mitziehen? Das kommt auf den Vertrag an. Eine Schule in privater Trägerschaft darf grundsätzlich erstmal mehr als eine staatliche. Hier spielen sehr viele Gesetze und Verträge eine Rolle. Ich versuche mal, das grob zu skizzieren (IANAL, Michael möge mich korrigieren): 1. Das Vertragsrecht – durch das BGB ist erstmal geregelt, dass ein privatwirtschaftlicher Vertrag, um den es sich bei eurem Schulvertrag handelt, der Vertragsfreiheit unterliegt. Die Schule ist also nicht verpflichtet, einen Vertrag mit euch einzugehen oder aufrechtzuerhalten und ihr andersherum ebenso wenig. Der Besuch der Schule ist eine freie Entscheidung und unterliegt den Bedingungen des Schulvertrags – wenn ihr mit denen nicht einverstanden seid, seid ihr frei, zu gehen. 2. Das Datenschutzrecht – die DSGVO und die deutschen Gesetze, die sie konkret in Bundes- und Landesrecht umsetzen, regeln, in welcher Form personenbezogenen DAten von der Schule verarbeitet und weitergegeben werden dürfen. Ob das hier überhaupt eine Rolle spielt, steht und fällt mit der Frage, wem die iPads gehören. Gehören sie euch, habt ihr private Apple-Accounts? Dann ist die Schule als verantwortliche Stelle im Sinne der DSGVO erstmal raus. Gehören die iPads der Schule, steltl die Schule die Apple-Accounts oder gibt Daten der Kinder gar an Apple weiter? Dann ist die Schule verantwortliche Stelle und es wird spannend, einfacher oder beides. Denn: * Die Verarbeitung und Weitergabe von personenbezogenen Daten darf nur unter den Bedingungen des Art. 6 DSGVO erfolgen; hier kämen konkret die Sätze a (konkrete Einwilligung) und b (Vertragserfüllung) in Frage. * Überlegt man, ob die Verarbeitung der Daten und Weitergabe an Apple zur Erfüllung des Schulvertrags notwendig ist, gibt es keine klare Antwort. Die Schule wird das kalr bejahen; ich persönlich würde es klar ablehnen. * Überlegt man stattdessen, ob eine Einwilligung vorliegt, so muss diese freiwillig sein, d.h. unabhängig vom Schulvertrag erteilt werden und die Nichterteilung muss ohne Konsequenzen für die Erfüllung des Schulvertrags bleiben 3. Der Schulvetrag – das ist das konkrete Dokument, das die rechtlichen Verhältnisse zwischen deinen Kindern und/oder dir und der Schule regelt. Hier wäre noch interessant, wer Vertragspartner ist – ihr als Eltern oder euer Kind? 4. Die Nutzungs- und Datenschutzbedingungen von Apple – falls ein eigener Apple-Account verwendet wird, dann ist das ein zusätzlicher Vertrag mit Apple. Eine Verpflichtung, den einzugehen, kann die Schule nur aussprechen, wenn der Vertrag mit Apple auch Vertragsbestandteil des Schulvertrags ist. Du siehst, es ist kompliziert, und es gibt viele Variablen. Um das für deinen konkreten Fall genau zu klären, bräuchte es einen Anwalt für Vertragsrecht und Datenschutzrecht. Ich gehe hier mal vom wahrscheinlicshten Fall aus: Die Geräte gehören der Schule, werden in deren MDM mit Accounts versehen und dafür werden die Namen der Schüler*innen an Apple weitergegeben. Im Schulvertrag ist nichts konkretes geregelt, die Schule vertritt aber die Ansicht, dass der Unterricht ohne die iPads nicht möglich ist und wird sich daher datenschutzrechtlich auf DSGVO Art. 6 Satz b) berufen. Zusammenfassend steltl sich die geschilderte Situation dann so dar, wie es leider fast immer ist, bspw. auch beim Einsatz von Microsoft-Produkten in der Schule: Der absolute Großteil der Schulen arbeitet aktuell auf der Basis des wichtigen jurisitschen Leidsatzes "Wo kein Kläger, da kein Richter". Denn das alles ist eine wahnsinnige rechtliche Grauzone. Bei Microsoft ist es etwas einfacher, denn die BDSK (Bundesdatenschutzkonferenz) hat eindeutig festgestellt, dass ohne selbst angefertigtes Verfahrensverzeichnis und eigenhändigen Nachweis, dass sich Microsoft an die DSGVO hält, kein legaler Einsatz möglich ist. Bei allem anderen ist es so, dass die Grundzüge des Rechts zwar klar sind – die DSGVO ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d.h., alles, was mit personenbeogenen Daten zu tun hat, ist verboten, außer, es ist erlaubt – aber welche Tatbestände und Sachverhalte konkret unter die sechs Erlaubnisse des Art. 6 fallen, ist fast komplettes Neuland. Es gibt keine Gesetze, die das regeln, die konkrete Ausgestaltung des Datenschutzrechts bzgl. des Erlaubnisvorbehalts beruht auf Präzedenzfällen aus der Rechtsprechung. Heißt auf deutsch: So lange wir nicht eine kritische Masse an Märtyrern finden, die bereit sind, ihre Schulen zu verklagen, weiß man nichts Genaues. Aufgrund des Machtgefälles zwischen Schulen/Lehrkräften und Familien/Kindern macht das aber eben de facto niemand. Daher bleiben zwei Wege: * Reden, reden, reden, Aktivismus, abwarten, und bis dahin mit dem iPad leben * Widersprechen, Anwalt nehmen, klagen und damit an deiner Schule vermutlich den Märtyrertod sterben (aber vielleicht helfen, die Welt zu verbessern) Bei beiden Kursen würde ich unbedingt sensibel die Meinung und die Bedürfnisse deine rKinder berücksichtigen. Ist der Besuch dieser konkreten Schule für sie wichtig? Dann bring ihr Umfeld dort nicht durch Hardlinertum in Gefahr. > Gibt es in unserer Runde Menschen mit ähnlichen Erfahrungen? > Wie seid ihr vorgegangen, und was ist dann passiert? > Kann uns jemand eine juristische Einschätzung geben? Ich sammle aktuell vereinzelt Eltern & Co. ein, um bei Teckids <https://teckids.org/> eine sich regelmäßig treffende Interessengruppe zu dem Thema zu gründen, um das ganze Thema großflächiger anzugehen, Anwälte zu crowdfunden und zu sehen, dass wir die juristischen Maßnahmen in unseren Verein verschieben, so dass nicht einzelne Eltern oder Familien mit ihrem Namen an ihrer Schule dafür "haften" müssen. Wenn du daran Interesse ahst, ping mich bitte. Viele Grüße, Nik -- Dominik George (1. Vorstandsvorsitzender, organisatorischer Leiter) Teckids e.V. — Digitale Freiheit mit Jugend und Bildung https://www.teckids.org/
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