On Wed, 3 Apr 2024, Roland Miyamoto wrote:
An der Schule meiner Kinder wird erwartet / wurde beschlossen, dass
jedes Kind ab Klasse 8 ein eigenes Apple IPad besitzt und damit
arbeitet, und zwar sowohl in der Schule als auch zu Hause. Der
Unterricht einschließlich Hausaufgaben wird darauf ausgerichtet.
Das Problem ist gar nicht neu. Schon zu meiner Schulzeit vor 30 Jahren
hieß es, wir bräuchten für den Mathematikunterricht unbedingt einen
bestimmten graphikfähigen Taschenrechner von CASIO. Da ich schon mit
verschiedensten Taschenrechnern ausgestattet war, hatten wir in der
Familie entschieden, dass wir erst einmal abwarten. Und siehe da: Benutzt
haben wir die speziellen (Grafik-)Funktionen des Rechners vielleicht ein-
oder zweimal. Aber zum Zeichnen einer Parabel tut es auch eine
Parabelschablone oder kariertes Papier. Viel komplizierter werden die
Funktionen zu Schulzeiten auch nicht. Beobachtet habe ich bei meinen
Mitschülern, dass der Grafiktaschenrechner hauptsächlich als Spickzettel
verwendet wurde und dass die Leute ständig über leere Batterien geklagt
haben.
• Welche Möglichkeiten haben wir, für uns und unsere Kinder unsere
digitale Souveränität zu bewahren?
• Haben unsere Kinder ein Recht auf Unterricht unabhängig von
vorgeschriebenen Geräten?
• Kann die (in diesem Fall evangelische) Schule unseren Schulvertrag
kündigen, wenn wir nicht mitziehen?
Oh eine Schule in freier Trägerschaft. Da wird man schlecht mit einem
staatlichen Technikneutralitätsgebot argumentieren können. Allerdings kann
man, wenn man schon in der Schule ist, auf den bestehenden Schulvertrag
verweisen und hat da doch einen Bestandsschutz oder wahrscheinlich
wenigstens ein Sonderkündigungsrecht.
Ich hatte die Diskussion auch schon in einer Schule in evangelischer
Trägerschaft. Da ging es darum, ob die Schule im großen Stile Spenden für
neue Windowsrechner sammelt, oder ob sie die vorhandene Technik mit Linux
flott hält. Ergebnis war, dass der technikverantwortliche Lehrer der
Schule der Linux-Lösung aufgeschlossen gegenüber stand, aber ein
Kirchengremium in Thüringen entschieden hat, dass alle Schulen in dieser
Trägerschaft von der gleichen Firma mit der gleichen Software ausgestattet
werden.
Es gibt für uns in unserer Großstadt eigentlich kaum eine gangbare
Alternative, denn, soweit mir bekannt, verlangen außer der Waldorfschule
alle weiterführenden Schulen ab Klasse 8 den Einsatz von Apple IPad.
krass
Naja, ich denke, viel mehr, als die Gelegenheit zu nutzen, die Diskussion
zum Thema digitale Selbstbestimmung in Gang zu halten, kann man nicht tun.
Wenn sich Leute sehenden Auges und mit Macht in digitale Fesseln begeben
wollen, wer will es ihnen verbieten?
Ihr könnt euch in Subversion üben und erst einmal kein Ipad anschaffen und
gucken, wie ihr damit durchkommt. Wenn eure Zöglinge damit nicht
einverstanden sind, werden sie allerdings genervt sein, wenn die
Mitschüler in der Schule alles problemlos mitmachen können und sie immer
extra Klimmzüge benötigen. Ich konnte mir die Ausnahme leisten, weil ich
mich für meine Technik interessiert habe und sie durchdrungen habe und
alles machen konnte, was im Unterricht verlangt wurde. Wer nur Benutzer
sein will, wird nicht verstehen, warum man so wahnsinnig toll bunte und
einfach zu benutzende Apple-Technik nicht verwenden sollte.
Wenn gar keine Schule euren Wünschen entspricht, bleibt euch noch das
selbstbestimmte Lernen ohne Schule. Ich befasse mich seit zehn Jahren mit
dem Thema und habe schon etliche Familien bei Auseinandersetzungen mit
Behörden und Gerichten unterstützt._______________________________________________
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