David Paenson schrieb: > Vor ca. 22 Jahren gab es in der Zeitschrift "Chip" einen Wettbewerb zwischen > WordPerfect und Microsoft Word. > > Er lief folgendermaßen ab: Beide Firmen schickten ihren besten Spezialisten, > sie saßen an einem großen Tisch und mussten beide ein komplexes Dokument > formatieren. Der Spezialist von WordPerfect schaffte die Aufgabe in der > Hälfte der Zeit. > > Seitdem habe ich nie einen solchen objektiven Wettbewerb gesehen. In > Zeitschriften wird Software bestenfalls von gestressten Journalisten > anprobiert. Die eigentlichen Spezialisten bzw. Anwender kommen gar nicht zu > Wort. > > Ganz anders sieht es aus bei Hardware-Tests. Hier werden Grafikkarten oder > Prozessoren ppp. anhand mehr oder minder objektiver Kriterien miteinander > verglichen. > > Das ist leicht zu erklären. Denn wenn eine Grafikkarte schlecht abschneidet, > dann: > > a) kriegt es nur ein kleines Publikum mit > > b) die Firma schiebt wenige Monate später ein Nachfolgemodell nach und alles > ist wieder gut > > c) die Zeitschrift verliert keine mächtigen Werbekunden > > d) ein schlechter Bericht wird bei der Herstellerfirma einen Schaden > anrichten, der sich schlimmstenfalls im 100tausender-Bereich bewegt > > Ganz anders sieht es aus im Softwarebereich, vor allem im Bereich der > Bürosoftware. Hier geht es nicht um 100t, sondern um Milliarden. > > Warum ganz speziell Bürosoftware und nicht genauso beispielsweise > Datenbanksoftware oder Netzwerksoftware? > > Auch das ist leicht zu erklären. > > Datenbanksoftware, um bei dem Beispiel zu bleiben, wird von Spezialisten > verwendet, die in der Lage sind zu protestieren, wenn was nicht > funktioniert. Sie sind eher miteinander vernetzt und können ihre Ablehnung > oder Kritik mit fundierten Argumenten vertreten. > > Bürosoftware wird weitgehend von Sekretärinnen benutzt, die in der > Arbeitshierarchie ganz weit unten stehen und allein daher, aber auch weil es > in der Regel Frauen sind, > > a) nicht ernst genommen werden > > b) nicht die technische Schulung besitzen, um eine Kritik zu begründen > > Die DV-Abteilungen von öffentlichen Einrichtungen, Verwaltungen, > Großbetrieben und Banken wiederum haben das technische Knowhow auf ganz > anderen Gebieten: Netzwerkinfrastruktur, Großdatenbanken, > Sicherheitstechnik, Protokolle und Gott weiß nicht was sonst. Sie sind es > aber nicht, die von 8 Uhr morgens bis 17 Uhr Texte verfassen müssen. Diese > Spezialisten werden daher mit den Problemen von Sekretärinnen oder auch von > Studierenden, die mühsam ihre Arbeiten formatieren, gar nicht erst > konfrontiert. > > Die Büroabteilungsleiter besitzen auch nicht das notwendige Fachwissen, > Hauptsache "ihre" Sekretärin liefert den Bericht pünktlich ab. Ob mit > ergonomischer Software oder nicht, ist ja egal. > > Nun, auf dieser Mailing-Liste hat der eine oder andere aus Frust vor der > Situation, in der OpenOffice derzeit steht, geäußert, "dann gehe ich halt > zurück zu MS-Office". > > Diese Haltung kann ich nicht richtig nachvollziehen. > > Denn auch wenn OOo eine Weile bei der Version 3.3 (auf vielen > Linux-Distributionen wie Easy Peasy 1.6 sogar noch die 3.2) verharrt, ist es > dennoch allen MS-Office-Versionen, ob 2003, 2007 oder 2010 objektiv haushoch > überlegen. > > Was wir brauchen wäre ein solcher objektiver Wettbewerb - eine 80-seitige > Diplomarbeit mit Grafiken, Tabellen, Verzeichnissen usw. oder ein > 300-seitiges Buch mit dazu noch Stichwortverzeichnis und Querverweisen zu > formatieren und schauen, wer diese Aufgabe am schnellsten erledigt, der > OOo-Spezialist oder der MS-Word-Spezialist? > > Ich lege meine Hand ins Feuer, dass ersterer in weniger als der Hälfte der > Zeit ein einheitliches und schön formatiertes Endergebnis erzielt. > > Ich habe große Zweifel, ob Microsoft bereit wäre, das Risiko einzugehen, > sich einem solchen Wettbewerb nach 22 Jahren wieder zu unterziehen. > > Best > Dave > >
Das Problem an dem Bericht ist nicht, dass er irgendwie Microsoft hochjubelt. Das Problem ist eine verzerrte, tendenziöse Darstellung der Fakten. Dass in XML-Dokumente (wie auch Dokumente anderen Formats) recht einfach Code eingebettet werden kann, der Schaden anrichten kann, trifft OpenOffice.org und Microsoft gleichermaßen. Das kommt aber erst im Update ansatzweise und nur ansatzweise zum Ausdruck. Auch die übrigen Aussagen sind grundsätzlich richtig. Nur: Microsoft z.B. legt bei "seinen" Dateiformaten nicht viel Wert darauf, dass sie auch mit anderen Programmen anderer Hersteller gleich gut aussehen. Insoweit nimmt man bei ODF die Idee eines Standards ernst und das Plugfest dient -gerade dazu - wie bereits geschrieben - die Unterschiede in der DarstelLung zu eliminieren. Auch dies wird nicht erwähnt. Wo die Ursachen dafür zu suchen sind, dass trotz aller Lippenbekenntnisse unserer und anderer Politiker etc., für Interoperabilität und offene Standards zu sein, ODF im Alltag der meisten Behörden und Ämter eher keine Rolle spielt und bestenfalls unwillkommen ist, hätte ein kritischer Journalist sicherlich auch untersuchen können. So aber ist es ein tendenziöses Sammelsurium von Fakten, die allenfalls die halbe Wahrheit beschreiben. Nicht direkt falsch, aber in relevanter Weise unvollständig und damit leider nicht "die ganze Wahrheit". Dass das von Heise ist, enttäuscht dann etwas. Gruß Michael -- ----------------------------------------------------------------- To unsubscribe send email to dev-unsubscr...@de.openoffice.org For additional commands send email to sy...@de.openoffice.org with Subject: help