Thomas Krumbein schrieb:
> Hallo Michael,
> 
> Am 13.10.2010 12:43, schrieb michael:
>> Hallo Thomas,
>>
>> wenn ich Dein Posting lese, frage ich mich, wieso Florian einen
>> Interessenkonflikt gesehen hat, den Du offenbar nicht siehst.
> 
> Ja nun, das musst Du ihn fragen. Ich hätte es nicht gemacht :-)
> 
> Die folgenden Fragen lassen sich aber durchaus beantworten ;-)
> [..]
>> Beansprucht die Vorgründungsgesellschaft der "The Document Foundation",
>> die derzeit LibreOffice herausgibt, eine Identität mit der
>> OpenOffice.org-Community? 
> 
> Ja. Auch zum Namen "LibreOffice" gibt es durchaus Kommentare - auch von
> mir. Gerne würden/hätten wir "OpenOffice.org" weiter verwendet -
> hinsichtlich der rechtlichen Risiken und der ungeklärten Situation ist
> dies derzeit aber nicht möglich (was nicht heisst, dass dies in Zukunft
> möglicherweise möglich sein wird).

Wann, wo und wie hat das Community Council (als oberstes Organ der
Community) beschlossen, im Jahre 2010 "The Document Foundation" zu
gründen und LibreOffice herauszugeben?

Welches Organ der OpenOffice.org-Community hat die "Founding Members"
und die Mitglieder des "Steering Committee" und deren Vertreter ernannt
oder bestellt?

> Oder handelt es sich um zwei verschiedene
>> Gemeinschaften oder Projekte, an denen (auch) Personen beteiligt sind,
>> die auch der jeweils anderen Gemeinschaft angehören?
> 
> Nein - ist eine Community.
> 
>> Wenn es eine Identität gibt, wieso wird dann Oracle "eingeladen", das
>> als Rechtsnachfolger von SUN Gründungsmitglied der
>> OpenOffice.org-Community ist?
> 
> Ist eingeladen worden, die Foundation aktiv zu fördern und diese mit zu
> gründen. Die Mitgliedschaft der Community hat ihnen niemand genommen
> (ist wohl auch kaum möglich, oder;-) ) - sind also genauso
> Communitymitglieder.


>> Ist das Projekt oder die Gemeinschaft, das bzw. die bisher ein Produkt,
>> nämlich OpenOffice.org herausgab, durch die Entscheidung einiger (wenn
>> auch nicht weniger) ohne weitestgehenden Konsens aller, in ein Projekt
>> "umgewandelt" worden, das zwei im wesentlichen gleiche Produkte
>> herausgibt? In welchem Verhältnis stehen diese Produkte?
> 
> Schwer zu verstehende Frage. Lass es mich einfacher formulieren: Die
> Community hat durch einen definierten Freigabeprozess eine Distribution
> (also jetzt ein Produkt) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Wann, wo und wie hat die OpenOffice.org-Community beschlossen
"LibreOffice" herauszugeben? Wann, wo und durch wen wurde der
Freigabeprozees für LibreOffice definiert?

> Der Code selbst, den ich entsprechend den klassischen Business-Theorien
> nicht als Produkt bezeichen, betrifft dies zunächst einmal gar nicht.
> Erst die Kompilierung, die Definition als "Stable", die "Statik" einer
> Momentaufnamen macht aus dem Projekt ein Produkt. Den Code selbst konnte
> sich - wie bisher - jeder zu jedem Zeitpnkt herunterladen, kompilieren
> und selbst ein Produkt daraus machen - ohne dass die Community davon
> irgendetwas mitbekommt.
>
Soweit mir bekannt, wird sowohl OpenOffice.org als auch LibreOffice in
kompilierter Form distributiert.

Niemand bestreitet das Recht jedermanns aus dem Code von OpenOffice.org
herunterzuladen, - unverändert oder verändert - zu kompilieren und das
Kompilat zu distributieren. Aber wann, wo und durch wen hat die
OpenOffice.org-Communtiy beschlossen, LibreOffice zu distributieren?

Wenn der Quellcode identisch wäre, dann könnte man von zwei Produkten
mit gleichem Namen sprechen. Dann bräuchte man aber auch keine zwei
Freigabeprozesse. Wenn man aber zwei Freigabeprozesse braucht, wer hat
diese doppelte Arbeit beschlossen? (Es steht jedem ehrenamtlichen
Community-Mitglied selbstverständlich frei, sein Engagement so
einzuteilen, wie er will, aber der Community kann so ohne Weiteres neue
Aufgaben zugeteilt werden).

Oder willst Du behaupten, die OpenOffice.org-Community habe den
Beschluss gefasst, statt OpenOffice.org LibreOffice herauszugeben?

Wenn LibreOffice das neue Produkt der OpenOffice.org-Community wäre,
warum willst Du dann unbedingt OpenOffice.org 3.3 annoncieren?


> Durch die Gründung einer Foundation ändert sich zunächst hier gar
> nichts. Die Prozesse bleiben die gleichen - die Communitymitglieder auch.

Selbst wenn alle Mitglieder eines Sportvereins auch einem Gesangsverein
angehören, sind es zwei verschiedene Vereine. Die Personenidentität ist
nämlich nicht hinreichend.

> Einen Konsens aller Mitglieder einer Community ist - das sollte Dir auch
> klar sein - nie erreichbar - es sei denn die Community würde nur aus
> zwei Personen bestehen. Die könnten einen Konsenz erzielen. Je größer
> die Gruppe, desto größer die Streuung.

Jede Zweckänderung einer Vereinigung bedarf aber, soweit nicht andere
Satzungsbestimmungen gegeben sind, was hier nicht der Fall ist, eines
Konsenses (kann ich Dir gerne an einleuchtenden Beispielen erklären). Im
vorliegenden Fall ist aber nicht ein Organe der OpenOffice.org-Community
mit dieser Frage befasst worden.

> Und genau für diese Fälle wählt ja auch die Community eine Hierachie -
> also Ansprechpartner, Leads etc. Diese Struktur gibt es sowohl im
> DE-Projekt als auch im internationalen.
> Und eine Aufgabe der "Leads" ist es nun auch, eine Community
> weiterzuentwickeln. Das, was Du jetzt hier gerade erlebst.

Eben die Organe der internationalen Community sind nach meinem
Kenntnisstand mit der Angelegenheit bisher nicht befasst worden.

Nirgendwo hat die deutsche Community den Co-Leads das Recht gegeben, die
Rechtsform der Community zu ändern. Und eine Foundation ist nun einmal
eine juristische Person, was die deutsche Community nun einmal nicht ist.

Nirgendwo hat die deutsche Community den Co-Leads das Recht gegeben, zu
entscheiden, dass die Community ein weiteres Produkt distributiert.

Wenn die Co-Leads und andere die Community weiterentwickeln wollen, dann
ist es Ihre Pflicht alles zu tun, um alle Mitglieder der Community
"mitzunehmen". Wer vorangeht, hat zu schauen, ob alle nachkommen.

> In dem Moment, wo nur wenige eigene Wege beschreiten - dann würde ich
> von einem "Fork" reden. Wenn aber ein Großteil der Leads und
> Ansprechpartner (die ja die Community repräsentieren) diesen Schritt
> gehen, so ist das eine gewünschte und förderwürdige Weiterentwicklung.
> 
Es geht nicht darum, dass die Gründung der Foundation eine gute und
weiterführende Maßnahme ist.

Es geht darum, ob die Gründer (Founding Members) wirklich von sich mit
Recht behaupten können, die OpenOffice.org-Community zu sein, wenn ein
nicht unwesentlicher Teil der Community-Mitglieder bisher nicht erklärt
hat, dort mitmachen zu wollen.

>> Oder ist die Gründung der "The Document Foundation" ein Projekt von
>> (prominenten) Mitgliedern der OpenOffice.org-Community, aber nicht der
>> OpenOffice.org-Community?
> 
> Nun, der Anstoss muss immer von einzelnen Personen ausgehen - so wie
> alles Handeln auch. Das ist nicht negativ. Und eine Community wird auch
> geführt durch die von der Community gewählten Ansprechpartner und Leads
> - also ist ein Handeln dieser immer auch ein Handeln der Community.
> Jede Änderung jedoch ist generell ein Prozess. Ein Prozess ist weder
> statisch noch je abgeschlossen - noch ist er fest auf eine Richtung
> festgelegt. Gerade die Aufgabe der "Führung" ist es ja auch,
> Überzeugungsarbeit zu leisten, um den Weg weiter begehen zu können.
> 

Richtig, wer vorgeht, hat dafür zu sorgen, dass alle mitkommen wollen
und nicht ein wesentlicher Teil "zurückbleibt".

Meint Ihr wirklich, eure bisherigen Bemühungen wären hierfür hinreichend?

>> Meinst Du, dass Du in der Lage bist, diese Fragen, die bei weiterem
>> Nachdenken zwangsläufig aufkommen, im Sinne _aller_ Mitglieder der
>> OpenOffice.org-Community in öffentlicher Stellungnahme zu beantworten?
> 
> Nie aller Mitglieder - das war bisher nicht möglich und wird auch
> zukünftig nicht möglich sein. Als gewählter Repräsentant aber für die
> Mehrheit der Community - ja :-)
> Wäre dies nicht so, so müsste mich die Mehrheit aber ganz schnell
> abwählen - und jemanden an die Stelle setzen, der sie dann besser vertritt.
> 

Eben - das ist das Problem, ein Organ, das für die Gemeinschaft spricht,
hat grundsätzlich die Meinung aller zu vertreten. Und in wesentlichen
Fragen reicht dazu die Meinung der Mehrheit nicht aus.

> Ich glaube, es ist hier auch mal wichtig, ein "Standing" zu zeigen. Wer
> - wie ich - auch in der Öffentlichkeit und im Unternehmensumfeld viel
> tätig ist, kam schon in den letzten halben Jahr kaum darum herum, Fragen
> nach der "Zukunft" etc. zu beantworten. Auch hier haben wir (ich nehme
> hier mal alle mit ins Boot, die "da draußen" etwas tun) klar Stellung
> beziehen müssen - ein "rumeiern" und "schwimmen" schadet dann immer dem
> eigenen Ruf und der eigenen Glaubwürdigkeit, und natürlich auch dem
> Projekt und dem Produkt.

Richtig, der durch die Gründung der Foundation ausgelöste Streit, der
manchen schon gewaltig auf die Nerven geht, ist aber auch nicht
förderlich. Daher ist es IMO die Pflicht der Gründer, so schnell wie
möglich, alle ins Boot zu holen.
> 
> Ich stehe dazu: Die Foundation ist eine sehr gute Entwicklung und eine
> sinnvolle Weiterentwicklung des Projektes "OpenOffice.org", dessen
> Markennamen ich selbst sehr aktiv mit im Markt verankert und groß habe
> werden gelassen . Gerne würde ich diesen Namen weiterführen (für das
> Produkt der "besten Office-Suite") - dazu müsste es aber möglich sein -
> und das geht nur, wenn wir als Projekt auch die Rechte am Namen haben.
> Habe wir aber nicht. Vielleicht bekommen wir sie noch - das wäre Klasse.
> Wenn nicht, so wird die Community auch in der Lage sein, einen anderen
> Namen zu verwenden und diesen mindestens genauso erfolgreich wie den
> bisherigen im Markt verankern.

Ein Gründungsmitglied der Foundation kann doch wohl mit der öffentlichen
Ankündigung eines Produktes mit dem Namen "OpenOffice.org" warten, bis
die Foundation die Namensrechte hat.

> Dafür stehe ich und dafür arbeite ich - für "Die beste freie Office-Suite".
> 
Es hat den Anschein, als hätten die derzeit Gründer der Foundation
lediglich zwei Pläne:

Plan A: Oracle überträgt die Marken- und Urheber-(bzw. Copyright-)rechte
an die noch zu gründende Foundation (via Deutschem Verein) und beteiligt
sich dann an der Gründung derselben (die derzeit noch in einem
Vorgründungsstadium ist). Ich weiß nicht, welche Chancen die
ihr diesem Plan eingeräumt habt.

Plan B: LibreOffice wird durchgezogen und zugleich wird versucht,
möglichst große Teile der OpenOffice.org-Community zur Mitarbeit im
neuen Projekt zu bewegen.

Offenbar wurden andere Möglichkeiten nicht ins Auge gefasst. Erst recht
wurden - soweit ersichtlich - keine Schritte unternommen zu sondieren,
ob es möglich ist, beide Projekte und Produkte in sinnvoller
Zusammenarbeit fortzuentwickeln, um die Einheit der Community zu erhalten.

Gruß
Michael

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