Moinmoin, Achtung, Geschwafel voraus.
On Thu, Sep 22, 2005 at 06:35:19PM +0200, Viktor Horvath wrote: > ich finde, Du gehst ein wenig zu hart mit Holger ins Gericht, denn der > weiß wohl, daß er nur für sich selber spricht - und als dieser "er > selber" ist er ziemlich frustriert. Ich kann ihn ganz gut verstehen. Bei > Dir klingt der Übersetzungsprozeß wie eine Kalkulation - "wenn es neue > Argumente gibt, diskutieren wir weiter, sonst laß es bitte" - so kommt > es bei mir an. Und da können wir nur hilflos mit den Achseln zucken, > denn was verändert sich schon an der deutschen Sprache innerhalb > kürzester Zeit? Ich meine, niemand findet ein neues Argument à la "Hey, > 'Depot' heißt ab heute was ganz anderes, deswegen...". Nun ja, im November der vergangenen und Januar diesen Jahres kam zu der Frage der Übersetzung von »repository« die Facette hinzu, daß anscheinend die Frage der entsprechenden Pluralbildung im Deutschen nicht hinlänglich geklärt war. Daraus entwickelte sich dann ein neues Argument zu dieser Frage, wobei dieses Argument in diesem Falle allerdings gegen eine Beibehaltung des englischen Begriffes sprach. Vorher wurde oftmals das Wort »Repository« auch im Deutschen verwendet, aber in Anbetracht dieses neuen Problems erschien »Depot« wieder als am wenigsten schmerzvolle Alternative... Insofern kann ich Dir teilweise darin zustimmen, daß sich eine Sprache innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit selten nennenswert ändert. Aber die Rezeption, die Interpretation und die Generierung durch Übersetzer und Leser mag sich ändern, und im Rahmen dessen mag es durchaus vorkommen, daß sich für Pro und/oder Contra neue Argumente ergeben, und sei es schlichtweg, weil man eine Kleinigkeit bislang nicht bedacht hatte. > Vielleicht hilft es, wenn wir die politische Dimension hinzuziehen: Es > gibt nun einmal verschiedene Übersetzungspositionen, so wie es > verschiedene politische Flügel gibt: den einen geht es um die Reinheit > der deutschen Sprache (lieber keine Fremdworte!), den anderen um > maximale Verständlichkeit, und auch über die Zielgruppe herrscht > Unstimmigkeit (können sie ein bißchen Englisch und werden durch "zuviel" > Übersetzen verwirrt oder nicht?). Mir kommt es manchmal so vor, als > würden die "Fundis" hier ein bißchen dominieren, und die "Realos" > verzweifeln dann eben. Hmm, selbst in dieser Form der Analogie möchte mir diese Darlegung leider eher eindimensional erscheinen. Wie Du bereits erwähnst, so gibt es mehrere Faktoren zu berücksichtigen: die Zielgruppe und ihre Kenntnisse, Reinheit und/oder Intention der Übersetzung, Flügelzugehörigkeit der Übersetzer... Aber wenn ich nun für mich selbst beobachte, wie ich ein Wort lieber übersetze und hingegen ein anderes lieber in Originalform beibehalte, und wie sich dies auch bei ein- und denselben Wörtern je nach Kontext wiederum ändern kann, so stellt sich mir die Frage nach meiner Zugehörigkeit: bin ich dann »Realo«, bin ich dann »Fundi«, oder was bin ich? Als eine möglich Anwort erscheint mir: Es kommt darauf an. Und mir scheint, eben dies müssen wir bei den Übersetzungen immer wieder berücksichtigen und auch kritisch-konstruktiv hinterfragen. Womit wir nun bei Deinen letzten Absätzen wären... > Deswegen finde ich, daß wir von Zeit zu Zeit, wenn jemand akut > verzweifelt (und bei der Werkzeugkette verzweifle ich auch), einfach > eine kleine neue Abstimmung durchführen sollten. Nicht zu oft, > natürlich, aber ab und zu. Wie eine neue Bundestagswahl ;-) Es könnte ja > auch ohne neue Argumente vorkommen, daß ein vehementer Befürworter einer > bestimmten Übersetzung seit einem halben Jahr festgestellt hat, daß kein > anderer Mensch im Netz das so übersetzt, und deswegen von der Härte > seiner Position etwas abrückt. Unter solchen Umständen fände ich es hilfreich, wenn dann der Satus Quo mehr oder minder genau umrissen wird. Um nun wieder für mich selber zu sprechen: mitunter erscheint mir eine bestimmte Übersetzung ja geradezu hirnrissig, und insofern wäre ich bei einer Ad-hoc-Abstimmung wohl für eine bestimmte Variante davon. Jedoch ähnelt mein Gedächtnis mitunter einem Sieb, und bei Durchsicht älterer Diskussionen muss ich erkennen, daß ich einige Teilaspekte vergessen und/oder verdrängt habe und unter Berücksichtigung eben dieser die oben genannte Übersetzung als das geringstmögliche Übel ansehe. > Oder wir evaluieren bei unseren Lesern, anstatt immer im Inzest zu > diskutieren. Heh, die Formulierung muss ich mir merken. :) > Vielleicht stellt sich dann heraus, daß 50% unserer Leser > "Depot" nicht verstehen, aber 100% auch "Repositories" akzeptierten. > Oder umgekehrt. Da möchte ich mich Tobias anschließen, das erscheint mir persönlich als eine gute Idee. Alsdann komme ich auch zum Ende meines Geschwafels. Vieles davon mag Euch als selbstverständlich erscheinen, aber mir erschienen zuvor einige Dinge als zu einfach dargestellt respektive als unglücklich dargelegt und wohl auch aufgefasst... Viele Grüße, Flo
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