Hallo, aus meiner Sicht war die Gründung der The Document Foundation durch zwei Umstände motiviert: Zum Einen galt es Vorsorge zu treffen für den Fall, dass der Hauptsponsor sein Engagement einstellt oder auch wie im Falle von OpenSolaris auf die Mitwirkung nicht bei ihm Angestellter bei der Entwicklung des Produktes OpenOffice.org verzichten will. Zum Anderen war man der Auffassung, dass der gute Ruf von OpenOffice.org und die Bekanntheit der entsprechenden Marke zu einem erhablichen Teil auf dem Engagement der ehrenamtlichen Mitglieder der Community beruht. Dies wurde zuletzt exemplarisch dadurch missachtet, dass man die neue Bildmarke, welche die ehrenamtlichen Mitarbeiter auf Events und Messen präsentieren ohne jede Mitsprache der Community allein vom Hauptsponsor und Markenrechtsinhaber kreiert wurde.
Die Gründung der The Document Foundation als einer juristischen Person sollte daher einerseits den guten Ruf, also das Image, welches mit OpenOffice.org verbunden ist, auf diese Institution übertragen und anderseits eine organisatorische Basis für eine Weiterentwicklung einer Freien Office-Suite unabhängig vom Hauptsponsor bilden. Diesem wurde darüber hinaus aus die Missachtung der Interessen wichtiger kommerzieller Kundenkreise vorgeworfen. Auch insoweit wurde eine Verbesserung angestrebt. Der angestrebte Imagetransfer kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Drei Wege sind derzeit im Gespräch. 1. Aus Sicht der Document Foundation der einfachste Weg wäre die Übertragung der Marken- und Urheber- (bzw. Copyright-)Rechte und der Herausgeberschaft von OpenOffice.org an The Document Foundation. Dieser weg wurde zunächst propagiert mit einer Einladung an den Hauptsponsor bei der Gründung der Foundation und an deren Aktivitäten mitzuwirken. Es gibt jedoch gewichtige Indizien dafür, dass dieser Weg zwar propagiert, aber nicht ernsthaft verfolgt wurde. Neben dem Umständen, unter denen die "Einladung" ausgesprochen wurde, sind diese vor allem die gleichzeitige Veröffentlichung eines anders benamten Produkts. Bezeichnend ist auch das dem Hauptsponsor und den bei ihm angestellten Community-Mitgliedern im höchstens neunköpfigen Steering-Committee lediglich ein Platz freigehalten wurde, was die Mitsprachemöglichkeit quantifiziert, die man diesen Community-Mitgliedern einzuräumen bereit ist. Schließlich sind bisher keine Bemühungen sitens der Gründer der Document Foundation erkennbar geworden, dem Hauptsponsor einen derartigen Rechtetransfer "schmackhaft zu machen", d.h. ihm die Vorteile einer solchen Lösung für sein Geschäft und die sich hieraus ergebende Kompensation für seinen Rechteverlust darzulegen. 2. Geht es nicht über die Marke, dann muss der Imagetransfer hilfsweise über die Community erfolgen. Dies ist der Weg, der seitens der Gründer der Document Foundation offensichtlich verfolgt wird. Hierzu ist nach außen hin zu kommunizieren, dass The Document Foundation nur die neue rechtliche Gestalt der guten alten OpenOffice.org-Community und LibreOffice nur ein neuer Namen für das wohleingeführte Produkt ist. Diese "Raider heißt jetzt Twix"-Strategie wird jedoch dadurch gestört, dass OpenOffice.org weiterhin existiert und neue Versionen veröffentlich werden. Nachvollziehbar ist daher, dass sich die ründer der Document Foundation und ihre Anhänger dagegen wehren, einen "Fork" zu betreiben. Ihr LibreOffice ist demgemäß das "wahre" OpenOffice.org, welches leider lediglich nur nicht so heißen darf. Um die Identität der Gründer der Document Foundation mit der OpenOffice.org-Community zu behaupten, muss notwendigerweise auch der Anteil und Beitrag des Hauptsponsors und seiner Mitarbeiter marginalisiert werden. Dass diese sich hiergegen wehren, ist verständlich. Ferner führt diese Strategie notwendigerweise auch dazu, dass alle, die nun in erster Linie an LibreOffice mitarbeiten und die Gründer der Document Foundation ihre Ämter in der OpenOffice.org-Community behalten. Interessenkonflikte werden konsequenterweise negiert - selbst wenn sie zunächst zutreffenderweise erkannt wurden. Da hierdurch aber die Handlungsfähigkeit derjenigen, die als Gemeinschaft weiter an OpenOffice.org arbeiten wollen, erheblich beeinträchtigt wird und der Schritt der Gründer durch keine Entscheidung eines Organs der Community legitimiert ist, ist auch hier mit "Gegenwehr" zu rechnen. Diese kann auch tatsächlich schon in Anfängen beobachtet werden. Wie Drews Streikaufruf zeigt, wird zumindest von manchen eine Schädigung von OpenOffice.org nicht lediglich als notwendiges Übel betrachtet, sondern im Rahmen eines Machtkampfes aktiv betrieben. Zwietracht und Hader sind also Folge dieses Weges; eine Spaltung der Community unter hässlichen Begleitumständen sein absehbares Ergebnis. 3. Ein Ausweg aus dieser Situation wäre die Veröffentlichung zweier sinnvoll aufeinander abgestimmter Office-Suiten für unterschiedliche Zielgruppen. Diese Lösung ist von Eric unter Verweis auf ein vorhandenes offensichtlich gut funktionierendes Modell ins Spiel gebracht und von mir ansatzweise für OpenOffice.org/LibreOffice beschrieben worden. Dieses Modell - es mag auch andere geben - macht eine Zusammenarbeit, sinnvoll und könnte daher die Einheit der Community erhalten. Auch hätte ein solches Modell Vorteile für alle Beteiligten. Die Gründung der Document Foundation könnte sich dann tatsächlich als ein Schritt in eine neue Dekade erweisen. Allerdings ist es Sache der Gründer der Document Foundation sich zunächst überhaupt für ein solches Modell zu entscheiden, dies der Community und vor allem dem Hauptsponsor mitzuteilen und in die notwendigen Verhandlungen über Fragen technischer, rechtlicher, organisatorischer und anderer Art einzutreten und diese zielorientiert zu führen. Dies muss baldmöglichst geschehen, damit nicht "noch mehr Porzellan zerschlagen wird" und man sich nnicht noch weiter "auseinanderlebt". Andere Community-Mitglieder können hier allenfalls beratend und vermittelnd helfen. Sollte eine solche Entscheidung fallen, wäre die Unterstützung dieses Modells durch möglichst viele Community-Mitglieder natürlich hilfreich. Alle, die an der Einheit der Community weiterhin interessiert sind, werden in nächster Zeit daher wohl das Verhalten der Gründer der Document Foundation, vor allem der Mitglieder des Steering Committee, aufmerksam verfolgen. Gruß Michael --------------------------------------------------------------------- To unsubscribe, e-mail: dev-unsubscr...@de.openoffice.org For additional commands, e-mail: dev-h...@de.openoffice.org